Tja, was sollte ich noch anderes sagen? Ich stand hier, mitten auf einer Bühne, irgendwo in einer fremden Stadt und war für eine Geschichte nominiert worden, die ich nicht geschrieben hatte.
Dem Bürgermeister war dies mehr als extrem peinlich und zupfte nervös an seiner Krawatte. Ich hatte mich, mit meinem bezauberndsten Lächeln zu dem ich in dieser Situation in der Lage war, beim Publikum für das tolle Hochgefühl bedankt und war von der Bühne spaziert. Betont langsam, mit aufrechtem Kopf und war in die Damentoilette verschwunden. Hier heulte ich mir erstmal die ganze Enttäuschung aus dem Leib und wischte mir wutentbrannt die Schminke aus dem Gesicht. Was hatte ich mir auch eingebildet?!
Irgendwann hatte mich Eve gefunden. Nachdem sie mich tröstend in den Arm genommen hatte und versicherte, dass draußen keine Leute mehr rumliefen machten wir uns auf den Weg ins Hotel, wo wir unterwegs noch auf Pierre und Mike stießen. Pierre übernahm das Trösten und hielt mich fest in seinen Armen wo ich mich geborgen fühlte und auch wieder ruhiger wurde.
Mike schlug vor, dass wir direkt fahren sollten. In diesem Kaff könne man sich eh nicht sinnvoll besaufen. Ich stimmte dem zu und so waren wir innerhalb von einer halben Stunde schon wieder bei Ducky und fuhren Richtung Heimat.
Ein Teilnahmezertifikat hatte ich nicht erhalten. Und auch keinen Gutschein.
Und obwohl dies alles sehr deprimierend sein sollte fühlte ich mich doch irgendwie erleichtert. Bei genauerer Betrachtung hatte ich mich sogar sehr schnell damit abgefunden. Nach der ersten Stunde Autofahrt ging es mir wieder besser und ich bekam Hunger. Pierre überreichte mir das Leberwurstbrot, als wir an einer Raststelle Pause machten.
"Mach dir nichts drauß, Liebes." meinte er. "Wir glauben trotzdem an dich."
"Ach weißt du Pierre, eigentlich ist das gar nicht mal so schlimm." versicherte ich und biss herzhaft in mein Leberwurstbrötchen. "Immerhin weiß ich jetzt was ich will."
"Ach ja?" Pierre zog die Augenbraue hoch. "Und was willst du?"
Ich grinste. "Hast du gesehen was das für Nebenbuhler waren? Alles alte Leute die sich ihr Geld damit verdienen, indem sie sich von Wettbewerb zu Wettbewerb mit ihren Kurzgeschichten durchschlagen. Ich möchte nicht so enden. Ich will hochklassige Literatur schreiben. Geschichten, die auch tatsächlich gelesen werden und nicht in der unqualifizierten Schublade eines Kaff-Bürgermeisters landen und nie wieder hervor kommen. Ich will Bestseller schreiben."
Ich beobachtete Mike und Eve, die sich etwas abseits von uns auf die Bank gesetzt hatten.
"Ich werde über das Leben schreiben. Über unser chaotisches, schönes Leben. Die vierköpfige WG die es in dieser Form wahrscheinlich kein zweites Mal gibt. Das was in den letzten Wochen alles passiert ist sollte sich doch zu einem guten Buch ausarbeiten lassen. Was meinst du dazu?"
Pierre grinste: "Ich finde es ist eine sehr gute Idee, Hazel-Schatzi. Und damit das Ganze noch einen sexuellen-romantischen Touch bekommt ..." er deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung Bank. "solltest du Eve mal fragen, wen ich heute morgen bei ihr im Bett gefunden habe."
Doch das brauchte ich nicht. Eves Augen sagten alles.
ENDE
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