Hazel Eyes – Das Leben der Sarah Hennington

written an copyright by Nema Ravenhost


Sarah Hennington hat einen großen Traum: sie möchte Autorin eines Bestsellers werden. In ihrem Online-Tagebuch erzählt sie vom täglichen Wahnsinn in Ihrer vierköpfigen WG, dem chaotischen Studentenleben und dem steinigen Weg, den eigenen Zielen treu zu bleiben.




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Freitag, 29. Juli 2011

8. Folge: Der Vertrag

"Bitte Hazel! Du MUSST mitkommen!" jammerte Eve und sah mich dabei mit flehenden Augen an. Sie waren blau und schimmerten schon so verräterisch, als ob sie gleich los heulen würde.
"Verdammt Eve das ist eine blöde Idee. Warum soll ausgerechnet ich da hin gehen? Ich will doch niemanden finden." gab ich zurück und mein Blick wanderte wieder zurück auf Seite 512 meines Buches "Der Todeskünstler" von Cody McFadyen. Das Smokey Barret gerade Einblick in die Psyche und Vergangenheit des Serienkillers erhielt war für mich viel spannender, als das Gejammere von Eve.
"Aber Hazel! Ohne dich mag ich da nicht hin gehen. Ich habe uns schließlich beide dafür angemeldet." Als ich nicht reagierte setzte sie kleinlaut hinzu "Außerdem habe ich schon für uns beide die Teilnahmegebühr bezahlt."
Nun wurde ich tatsächlich hellhörig.
"Eve, du meldest mich einfach zu dieser Scheiße an auf die ich überhaupt kein Bock habe, ohne mich auch nur ansatzweise zu fragen? Und dann bezahlst du auch noch Teilnahmegebühren? Bist du bescheuert?"
"Ich bin vor allem verzweifelt!" jammerte sie. "Ich meine, jeder in meiner Umgebung hat einen Freund oder heiratet demnächst und ich finde immer nur solche Arschlöcher die mich nach zwei Tagen wieder verlassen. Für dich mag es wie eine dumme Aktion aussehen, für mich ist das ein Strohhalm namens Hoffnung an den ich mich klammere. Und alles worum ich dich bitte ist, mich doch einfach nur auf dieses Speed-Dating zu begleiten. Ich traue mich da nicht alleine hin!"
"Wieviel?" fragte ich.
"Hmm?"
"Wieviel Gebühr musstest du für diesen Abend bezahlen?"
Eve druckste herum. "Die Anmeldegebühr betrug 55 EUR pro Nase. Und wird nicht zurück erstattet ..."
"EVE! Das ist doch krank!"
Nun sagte sie nichts mehr. Statt dessen starrte sie nur noch beschähmt auf den Boden. Mit einer etwas ruhigeren Stimme sprach ich schließlich zu ihr.
"Hör mal es bringt doch nichts wenn du auf Teufel komm raus immer versuchst irgendwelche Kerle zu finden. DEN Mann zu finden. Das stresst dich doch nur und macht dich noch verzweifelter, wenn es wieder in die Brüche geht. Lass es doch einfach mal auf dich zukommen. Der richtige Mann ist bestimmt schon in deiner Nähe und du siehst ihn vor lauter Übereifer nicht."
Eve funkelte mich böse an. "Du verstehst das nicht. Niemand versteht mich. Alles was ich möchte ist nur eine glückliche Zukunft. Ich möchte einen Mann haben der mich umsorgt. Der mir Kinder schenkt. Ich möchte Mutter werden, Hazel. Keine berühmte Schriftstellerin wie du oder ein erfolgreicher Mode-Designer wie Pierre. Alles was ich möchte ist tatsächlich Mutter werden. Mit einer glücklichen Familie. Ich will keine drogenabhängige Alleinerziehende wie meine Mum sein, die jeden Tag mit einem anderen Kerl neben dem Kinderzimmer rumvögelt das die Wand bollert. Ich will es "richtig" machen."
Sie ließ sich auf den Boden plumpsen, zog die Beine an sich heran und legte die Stirn auf die Knie. Erst bei diesem Anblick hatte ich zum ersten Mal seit unserer Bekanntschaft verstanden, wie wichtig ihr diese ganze Sache war. Das da so viel mehr dahinter steckte, als nur ein verletztes Ego oder Neid gegenüber bestehenden Paaren. 
Smokey Barrett war vergessen. Ich legte mein Buch zur Seite und robbte auf den Boden. Nahm Eve in den Arm und flüsterte: "Ich kann verstehen, wie es in der aussieht. Aber glaube mir: wenn du so weiter machst verlierst du den letzten Funken Respekt vor dir selbst. Jede Woche mit einem anderen zusammen sein. Vielleicht sogar mit ihm ins Bett zu gehen. Findest du nicht, dass dich das eher wie deine Mutter wirken lässt?"
Eve seufzte. "Du hast ja Recht Hazel. Aber diese Gedanken sind immer da und ich muss ihn finden. Ich kann es nicht abstellen. Ich weiß nicht wie."
Ich überlegte einen kurzen Moment. Dann bedeutete ich Eve auf mich im Wohnzimmer zu warten und ging in mein Zimmer an meinen Laptop. Obwohl Eve neugierig hinüber starrte und einen langen Hals machte, geduldete sie sich. Schließlich kam ich aus meinem Zimmer. In meiner Hand hatte ich zwei DIN A4 Seiten in der Hand. Ich gab sie Eve zu lesen.
Die Augen flogen über die Zeilen. Dann blickte sie zu mir auf. "Ist das dein Ernst?"
"Japp."
"Warum sollte ich mich darauf einlassen?" fragte sie.
Ich zuckte mit der Schulter. "Entweder du akzeptierst es und findest so endlich deine Ruhe. Oder du lässt es bleiben und machst weiter wie bisher. Und das was bisher war, macht dich ja nicht wirklich glücklich oder? Was hast du also zu verlieren?"
Eve las sich die Seiten noch zwei Mal durch. Dann ging sie zum Wohnzimmerfenster und blickte in die anbrechende Dunkelheit hinaus. Ich selbst zog mich in die Küche zurück und öffnete eine Flasche Asti. Goß zwei Gläser damit ein. Siegessicher.
Schließlich kam Eve zu mir. "Wo ist der Stift?"
Ich hielt ihr meinen blauen Kugelschreiber hin. "Du willst es also mal probieren?"
Statt zu antworten kritzelte sie Ihre Unterschrift auf das Ende der Seite. Zwei mal. Energisch hielt sie mir den Kugelschreiber unter die Nase. Auch ich nahm den Stift und unterschrieb auf beiden Seiten. Feierlich und mit guter Laune. Ein Exemplar überreichte ich Eve. Das andere steckte ich mir in die Hosentasche.
Dann nahmen wir beide unsere Gläser, prosteten uns zu und tranken den Sekt. Eve war zwar noch skeptisch, aber sichtlich besser gelaunt. Danach zogen wir uns ins Bad zum Schick-Machen zurück. Das Speed-Dating konnte losgehen. Als wir aus der Wohnung traten in die Nacht hinein erhaschte ich noch einmal einen Blick auf die Blätter und schmunzelte.

Hiermit legen ich, Eve Meyer, und meine Freundin und WG-Genossin Sarah Hennington, fest, dass der heutige Speed-Dating-Versuch die vorerst letzte Eigeninitiative in der Partnersuche meinerseits darstellt. Sollte sich im heutigen Speed-Dating kein passender Lebenspartner für mich finden gelobe ich, dass ich ein Jahr lang keine aktiven Versuche unternehme, um eine Partner für mich zu finden. Sollte ich diese Frist nicht beachten so verpflichte ich mich Sarah Hennington ein ganzes Jahr lang einmal im Monat wunschgemäß Bücher im Wert von bis zu 20 EUR zu kaufen. Im Gegenzug verpflichtet sich Sarah Hennington, im Falle eines erfolgreichen Jahres ohne aktiver Partnersuche meinerseits, mich auf meinen Wunsch hin auf jeder Party zu begleiten und den Eintritt zu bezahlen. Die Frist der Verpflichtung wird auf ein Jahr begrenzt.

Wenn es eine Sache gab, die Eve noch wichtiger war, als den richtigen Mann zu finden, dann war es das Gewinnen von Wetten. Das Spiel war eröffnet.

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