Wie viele Studenten gehöre auch ich zu den Personen, die sich ihren Lebensunterhalt durch einen Job neben dem Studium finanziert. Ich gehe regelmäßig in einem Café jobben. Zu meinen Aufgaben gehört sowohl das Servieren von wohlschmeckenden Kuchen und Getränken, als auch das Abwaschen von Geschirr. Zugegeben: abwaschen ist nicht meine favourisierte Beschäftigung in dem Café. Aber Geld ist Geld und solange ich mich nicht ausziehen oder in die Prositution begeben muss ist das vollkommen ok.
Aber es gibt auch etwas an meine Job das ich hasse. Es ist dieses Ekelpaket von alten Sack der jeden Tag mehrere Stunden im Café abhängt. Nicht nur, dass er nur eine Tasse Kaffee trinkt und es schafft diese den ganzen Tag in kleinen Schlücken in die Länge zu strecken. Gut für seinen Geldbeutel, schlecht für unseren Umsatz. Nein, der Kerl ist auch noch ein Schwerenöter erster Ordnung. Jedes hübsche Mädchen, dass in das Café kommt wird von ihm angegafft. Oft unter dem Deckmantel der Ungeschicklichkeit. Jede neue Serviererin wird erst einmal genau unter die Lupe genommen. Und sollte eines der Mädels mal so dumm sein und am Arbeitsplatz einen Rock tragen erfolgt im Laufe des Abends ein "Missgeschick" der besonderen Art. An einem Abend hatte er sogar einen Herzanfall simuliert, nur um durch zusammengekniffenen Augen der verschreckten Amelie die Farbe des Höschens abzulesen. Kaum hatte er gesehen was er sehen wollte geschah - was für ein Zufall - eine Wunderheilung und unser spezieller Gast verschwand aus dem Café.
Leider ist mein Chef Antonio der Auffassung dieser Spinner sei eine Attraktion des Cafés und ein guter zahlender Kunde. Aufgrund seiner Phantasie wäre der Typ (den ich übrigens insgeheim immer Mr. Ständer nenne) doch immer wieder für eine Überraschung gut was Antonios Café populärer und attraktiver für weitere Kunden mache. Ich befürchte solange Antonio diese Einstellung behält wird es wohl nie zum Hausverbot kommen.
Heute allerdings musste sogar ich über Mr. Ständer lachen. Mr. Ständer hatte sein übliches Pensum an sinnlosem Abhängen in Antonios Café überschritten. Leider war heute kein schönes Opfer für ihn da gewesen, kein Frischfleisch, an dem er sich hätte reiben können. Nur meine Wenigkeit die ab und an heimlich in seinen Kaffee spukt,als Rache für die vielen unwissenden, unschuldigen Mädchen, die er mit den Augen vergewaltigt. Mr. Ständer war im Begriff zu gehen und ich kassierte gerade bei ihm ab als eine große, hübsche, blonde Frau in einem roten Cocktailkleid in unser Café trat. Er hatte sie natürlich sofort ins Auge gefasst. Statt nun zu bezahlen und mir das Geld in die Hand zu drücken nuschelte er, ich sollte ihm einen weiteren Kaffee bringen. Innerlich fluchend und der festen Überzeugung dies würde ein schrecklich langer Abend werden setzte ich ihm eine weitere Tasse Kaffee vor die Nase. Dann ging ich hinüber zu der blonden Schönheit.
"Was kann ich für Sie tun?" fragte ich höflich wie immer.
"Nun Sie könnten damit anfangen, indem Sie mir die Nummer von diesem netten Kerl besorgen. Und dann hätte ich gerne einen Latte macchiato." Sie blickte an mir vorbei. Irritiert sah ich in die Richtung und sah, dass sie Mr. Ständer meinte.
"Ähm ganz unter uns... ich glaube nicht, dass Sie der Typ interessiert." flüsterte ich warnend. "Der ist nicht ganz dicht. Bei der ersten Gelegenheit wird er Ihnen an den Po grabschen."
Sie lächelte. "Ach. Tut er das?"
Noch verwirrter ging ich zu Kaffemaschine. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich ein wildes Flirtverhalten. Oder zumindest deute ich es als solches. Sie streckte demonstrativ ihre Möpse den gierigen Blicken des Ekelpaketes entgegen, er stierte ungeniert hin und leckte sich dabei den Mundwinkel. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Allein die Vorstellung die beiden könnten es ernst meinen ließ meine Haut jucken. Aber ich bin ein Profi und so lieferte ich brav den Latte aus und wand mich dem nächsten Gast zu.
Keine fünf Minuten später bemerkte ich, wie die Blonde aufstand, zum Tisch von Mr. Ständer ging und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Er bekam ein breites Grinsen auf die Lippen. Dann ging sie in Richtung Toilette. Er direkt hinterher. Ich tat so, als würde ich nichts bemerken. Das war mir dann doch eine Spur zu krass, als das ich mich da einmischen wollte. Und schon gar nicht wollte ich riskieren ihn ... na ja ... eventuell nackt zu sehen. Bäh.
Gefühlte zehn Minuten später hörte plötzlich das ganze Café einen lauten Schrei. Alle Anwesenden erstarrten vor Schreck. Es kam aus der Toilette. Und kaum war der Schrei ertönt sah man Mr. Ständer aus der stillen Örtchen rennen. Die Hose noch offen. Er fluchte und murmelte "Verdammter Wichser! Perverser!" , rannte an uns vorbei und war aus dem Café verschwunden.
Aus der Toilette schlenderte ganz ruhig die blonde Lady, rückte ihr Kostüm zurecht und setzte sich wieder auf ihren Platz. Mit einer Geste signalisierte sie mir, dass sie noch etwas bestellen würde. Als ich an den Tisch trat sprach eine männliche Stimme zu mir:
"Du hattest Recht, Braunäuglein. Der Typ interesisiert mich nicht."
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