Hazel Eyes – Das Leben der Sarah Hennington

written an copyright by Nema Ravenhost


Sarah Hennington hat einen großen Traum: sie möchte Autorin eines Bestsellers werden. In ihrem Online-Tagebuch erzählt sie vom täglichen Wahnsinn in Ihrer vierköpfigen WG, dem chaotischen Studentenleben und dem steinigen Weg, den eigenen Zielen treu zu bleiben.




Um voran gegangene Folgen von Sarah Hennington nachzulesen, klicke bitte rechts auf "Ältere Folgen".

Mittwoch, 27. April 2011

1. Folge Willkommen!

Hallo ihr da draußen,

einen Kater vom vorherigen Saufabend zu haben ist schlimm. Einen totalen Blackout vom Vorabend zu haben ist auch furchtbar. Aber beides in Kombination zusammen mit der Erkenntnis, dass man in seinem eigenen Bett neben einem Kerl aufwacht den man absolut nicht kennt, ist das grausamste von allen.

So ist es mir heute ergangen. Ich hasse die Sternchen, die sich morgens ankündigen, wenn man langsam aus dem komatösen Zustand entgleitet. Aber ich liebe das Gefühl wenn man leicht betrunken ist. Noch die vollkommene Kontrolle über alles, aber die Gedanken sind dann absolut frei. Es macht einen so kreativ. Als Schriftstellerin – und eine ebensolche will ich eines Tages werden – bin ich der festen Überzeugung, dass man sich immer am schmalen Grat zwischen Kreativität und Alkoholsucht befindet. Deshalb auch mein striktes Regelwerk: wenn Alkohol, dann nur am Wochenende, wenn man den Rausch als Student auch ausschlafen kann. Aber gestern, daran erinnere ich mich noch, war die Geburtstagsfeier von Mike, meinem WG-Mitbewohner. Das Haus war voll. Und ich habe wohl übertrieben. Und das an einem Mittwoch.
Als ich die Sternchen endlich aus meinem Schädel zur Seite geschoben hatte öffnete ich langsam mein rechtes Auge. Was ich durch den schmalen Spalt sah lies mich direkt hochfahren und direkt hellwach werden. Neben mir lag ein kahlköpfiges Walross mit Pinup-Girl-Tätowierung und sägte ganze Tropenwälder ab.
Mein erster Gedanke: was macht der Typ in meinem Bett?
Mein zweiter Gedanke: scheiße! Habe ich etwa mit ihm …?
Vorsichtig zog ich meine Bettdecke zur Seite. Ängstlich vor dem, was ich da sehen würde. Erleichtert stellte ich fest, dass ich noch genau so bekleidet war, wie ich mich vom Vorabend in Erinnerung hatte. Türkises Shirt, braune kurze Hose. Flip Flops. Ein Sakrileg. Schuhe in meinem eigenen Bett. Aber: Gott sei Dank! Keine Pille danach notwendig.
Vorsichtig schlich ich mich aus meinem Bett, aus meinem Zimmer, in die WG-Küche. Kaffee. Ich brauchte Kaffee. Musste wieder klar denken.
Ich hatte gerade das Aldi-Kaffeepad in die Kaffemaschine von Senseo gegeben und den Startknopf gedrückt, als mir von der Tür ein „guten Morgen“ entgegen genuschelt wurde. Es war Mike. Ein nackter Mike. Mein WG-Mitbewohner mit den absolut perfektesten Körper, den ein Mann nur haben konnte. Und der entsprechenden Ausstattung untenrum. Dessen war er sich vollkommen bewusst. Da meine strikte Regel jedoch besagte „Kein Sex mit deinen Mitbewohnern“ hatte ich diesen Naturdildo bis heute noch nicht auf tatsächliche Alltagstauglichkeit testen können.
Aber Mike wäre nicht Mike, wenn hinter ihm nicht eine kleine blonde Schnepfe aufgetaucht wäre, bekleidet mit einem seiner Shirts. Ich kannte sie nicht. Und ich bezweifelte, dass Mike sie länger als acht Stunden kannte. Sie knabberte ihm am Ohr. Er nahm meinen Kaffee und reichte diesen der blonden Schnepfe. „So Kleines. Hier ist der versprochene Morgenkaffee. Trink ihn schön aus und dann musst du auch leider wieder gehen da ich noch an meiner Doktorarbeit feilen muss.“
Sie grinste und legte dabei verspielt die Spitze des Zeigefingers an seinen Mund. „Ich packe dann mal. War eine tolle Nacht Mike.“ Und ging in das Zimmer meines WG-Genossen.
Ich setzte mir einen neuen Kaffee auf.
Mike setzte sich in all seiner Nacktheit auf den Barhocker am Küchentresen und sah mich forschend an.
„Und Hazel-Schätzchen? Wie war deine Nacht?“
Hazel ist mein Spitzname. Ich habe ihn von meiner Freundin und Wohngenossin Eve erhalten, als sie mich zum ersten Mal sah. „Hey mein Name ist Eve. Und wow hast du braune Augen. Wie Haselnüsse. Da werden Frauen wie ich neidisch.“ Und seitdem heiße ich liebevoll Hazel. Sarah höre ich von meinen Freunden eigentlich nur noch, wenn ich richtige Scheiße gebaut habe. Was sehr selten vorkam. Die einen würden mich „gut erzogen“ nennen, andere eher „Langweiler“.
„Ich dachte, du könntest mir vielleicht erzählen was passiert ist. Mobby Dick ist in meinem Bett gestrandet.“
Mike grinste. „Ach das ist Tom. Der ist harmlos. Wurde gestern auf unserer Party von seiner Freundin verlassen. Armer Kerl. Hat sich abgeschossen. Wir haben ihn zu fünft auf das Bett gehieft. Als du schlafen gehen wolltest war der immer noch da drin. Also hast du kurzerhand deine Decke geschnappt und dich neben ihn hingelegt.“
Mich durchfuhr eine Welle der Erleichterung. Ich erzählte Mike, dass ich mich an absolut gar nichts erinnern konnte. Er meinte daraufhin frech, dass es schließlich das Studentenleben sei. Das wäre normal. Dann sprang er auf, schnappte sich eine Cola aus dem Kühlschrank und verkrümmelte sich wieder in sein Zimmer. Aus entgegen gesetzter Richtung, genau genommen aus meinem Zimmer, kam Tom angestürmt. Sah mich betreten an und ging aus der Haustür. Ohne weitere Worte. Unhöflich.

Aufgrund dieser Ereignisse habe ich heute beschlossen, meine wenigen Erinnerungen die ich noch besitze zukünftig online zu stellen, damit ich jederzeit darauf zugreifen kann. Ein Online-Tagebuch quasi. Und während ich hier so schreibe fällt mir ein, dass heute Donnerstag ist und ich in Begriff bin, eine wichtige Vorlesung zu verpassen. Ich werde also an dieser Stelle hier Schluss machen und versuchen eine Wegstrecke von fünfzehn Minuten in etwa fünfundzwanzig Sekunden zu schaffen.

Liebe Grüße,
eure Hazel

Keine Kommentare: